Falschbeschuldigung
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Peter Thiel - Systemischer Berater und Therapeut (DGSF)
07.05.2013
Schlüsselwörter:
Cybermobbing, Eifersucht, Enttäuschung, Falschbeschuldigung, falsche Verdächtigung, Hass, Konkurrenz, Kränkung, Konkurrenz, Leiden, Liebe, Mobbing, Narzissmus, Neid, Projektion, Selbstwert, weibliche Gewalt
Seit der Causa Kachelmann ist die Thematik der Falschbeschuldigung oder wie es auch im Strafgesetzbuch § 164 heißt - Falsche Verdächtigung - http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__164.html einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden.
Urteil in Mannheim
Im Zweifel für Kachelmann
Von Julia Jüttner, Mannheim
Frenetischer Jubel im Landgericht Mannheim: Jörg Kachelmann ist vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Seine Ex-Freundin, die ihn angezeigt hatte, weinte. Restzweifel bleiben - auf beiden Seiten.
Anne Weissenfels, 69, ist "uffgeregt", wie der Mannheimer sagt. Sie ist davon überzeugt, dass Jörg Kachelmann seine Freundin nicht vergewaltigt hat. Doch sie befürchtet, dass er trotzdem schuldig gesprochen, vielleicht sogar noch im Gerichtssaal in Handschellen abgeführt wird.
Es ist 5.20 Uhr. Anne Weissenfels hat sich in die Zuschauerschlange vor dem Landgericht Mannheim eingereiht. Sie trägt ein cremefarbenes Poloshirt, es ist schwül im Rhein-Neckar-Gebiet. Mit ihrem Ehemann ist sie aus dem nahegelegenen Weinheim mit dem Auto gekommen, der Zug um 5.03 Uhr war ihnen zu spät. Die Sorge, zum Urteilsspruch gegen Kachelmann keinen Platz im Saal zu bekommen, war fast so groß wie die, er würde verurteilt werden.
Dann der Freispruch!
Frenetischer, wenn auch nur Sekunden anhaltender Jubel aus dem Publikum. Anne Weissenfels reißt die Arme hoch, applaudiert freudestrahlend. Der Vorsitzende Richter Michael Seidling ermahnt die johlenden Zuschauer. Weissenfels ist erleichtert, das frühe Aufstehen und das fast vierstündige Anstehen haben sich gelohnt. Für sie hat die Gerechtigkeit gesiegt.
Begründete Zweifel an Kachelmanns Schuld
Doch es ist ein Freispruch mit Makel. "Wir sind überzeugt, dass wir die juristisch richtige Entscheidung getroffen haben. Befriedigung verspüren wir dadurch jedoch nicht", sagte Richter Seidling. "Wir entlassen den Angeklagten und die Nebenklägerin mit einem möglicherweise nie mehr aus der Welt zu schaffenden Verdacht, ihn als potentiellen Vergewaltiger, sie als potentielle rachsüchtige Lügnerin." Zudem bliebe das Gefühl gegenüber beiden, "ihren jeweiligen Interessen durch unser Urteil nicht ausreichend gerecht geworden zu sein".
Das mutmaßliche Opfer war als letzte in den Verhandlungssaal gehuscht und suchte Schutz hinter der bulligen Gestalt ihres Rechtsanwaltes. Angestrengt blickte sie zum Richtertisch. Das Urteil erschütterte sie sichtlich. Immer wieder schloss sie ihre Augen, knetete gedankenverloren ihre Hände und weinte schließlich, als Seidling das Urteil en détail begründete.
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31.05.2011
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,765928,00.html
Die Begriffe "falsche Verdächtigung" und "falsche Beschuldigung" werden oft synonym gebraucht, jedoch kann man sagen, dass der Begriff "falsche Verdächtigung" weniger bestimmt ist. Ein Verdacht ist eben ein Verdacht, ihm liegt seitens des Verdächtiger immer die Möglichkeit bei , der Verdächtige könne es möglicherweise doch nicht gewesen sein. Bei einer Beschuldigung geht der Verdacht in eine vermeintliche Gewissheit über. Bei der falschen Beschuldigung wider besseres Wissens allerdings nicht. Hier soll aber durch die Beschuldigung bei den Außenstehenden die Gewissheit erzeugt werden, genau so war es gewesen.
Falsche Verdächtigungen oder falsche Beschuldigungen kommen oft im Alltag unterhalb der Schwelle strafrechtlicher Relevanz vor. So etwa wenn die Ehefrau ihren am Abend nach Hause gekommenen Mann verdächtigt, er habe ein Treffen mit einer anderen Frau gehabt, während der Mann tatsächlich bei der von ihm vorgetragenen Dienstbesprechung war, die länger als gewöhnlich dauerte.
Hier besteht innerhalb der Beziehung ein Misstrauen, so dass bestimmte Ereignisse im Sinne dieses Misstrauens interpretiert werden.
Da Fremdgehen in Deutschland keine Straftat mehr ist, in islamischen Ländern dagegen schon, würde der Vortrag der Ehefrau in der Öffentlichkeit, ihr Mann wäre fremd gegangen, keine Straftat darstellen, da wie gesagt, Fremdgehen keine Straftat ist.
Die Falschbeschuldigung der Ehefrau kann hier nur zivilrechtliche Unterlassungsansprüche oder Schadensersatzansprüche auslösen.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik tauche naturgemäß nur die Fälle auf, denen eine strafrechtliche Relevanz zugeschrieben wird.
Straftat / Schlüsselnummer
670007 Falsche Verdächtigung
Zahl der erfassten Fälle 2010: 19.133
Aufklärungsquote:
2010: 97,1
http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2011/PKS2010.pdf?__blob=publicationFile
Laut PKS waren 2010 19.133 Fälle Falscher Verdächtigungen angezeigt. Die Aufklärungsquote betrug laut PKS 97,1, was natürlich Augenauswischerei ist, denn in vielen Fällen, wie auch im Fall Kachelmann wurde und wird nicht geklärt, ob es sich um eine Falsche Verdächtigung oder um eine zutreffende Verdächtigung handelt.
Die im Internet angezeigte Polizeilichen Kriminalstatistik listet nicht auf nach dem Geschlecht der beschuldigenden und der beschuldigten Person, sowie der vorgeworfenen Tat. Die Auswertung dieser Parameter dürfte recht interessant sein.
Eine Falschbeschuldigung löst bei dem von der Beschuldigung Betroffenen regelmäßig einen Schock aus. Bei labilen Menschen können Falschbeschuldigungen auch suizidale Handlungen auslösen
Bei dem Phänomen der falschen Verdächtigung oder falschen Beschuldigung kann man mehrere Fallkonstellationen unterscheiden.
1. falsche Beschuldigung infolge einer Verwechslung der beschuldigten Person oder Sache
2. falsche Beschuldigung trotz eigenem Wissens um die Falschheit der Beschuldigung
3. falsche Beschuldigung aufgrund von Vorurteilen
4. Falsche Beschuldigung zum Zwecke der Schädigung einer anderen Person bei gleichzeitiger Bewusstheit über die falsche Beschuldigung durch den Beschuldiger oder die Beschuldigerin
5. falsche Beschuldigung in der subjektiv erzeugten Konstruktion einer Wirklichkeit zum Zweck der Stabilisierung des als bedroht empfundenen Selbst.
Diese drei Fallkonstellationen können sich im Einzelfall auch mischen.
Zu 1. falsche Beschuldigung infolge einer Verwechslung der beschuldigten Person
Mitunter kommt es vor, dass jemand Zeuge oder Opfer einer Straftat wird, also eine reale Straftat miterlebt und später meint, dieser oder jener wäre der Täter oder die Täterin gewesen, obwohl diese Person es nicht ist.
Hier liegt eine relativ einfach zu erklärende Vertauschung, bzw. Verwechslung vor, die in milder Form sicher schon jedem Menschen passiert ist. Man ist felsenfest davon überzeugt, man hätte mit dem Arbeitskollegen ein Treffen um 15 Uhr verabredet, tatsächlich war die Verabredung aber für 14 Uhr getroffen worden, wie der Mitschnitt auf dem Anrufbeantworter beweist.
Die Falschbeschuldigung ist hier nicht in der Absicht erfolgt, dass eigene emotionale und als beschädigt empfundene Gleichgewicht herzustellen, wie in den Fällen unter 5. falsche Beschuldigung in der subjektiv erzeugten Konstruktion einer Wirklichkeit zum Zweck der Stabilisierung des als bedroht empfundenen Selbst. Der Falschbeschuldigung liegt hier ausschließlich eine Verwechslung vor.
Zu 2. falsche Beschuldigung trotz eigenem Wissens um die Falschheit der Beschuldigung
Hier liegen für die Falschbeschuldigung "pragmatische" Gründe vor. Der falsch Beschuldigende ist sich der Falschheit seiner Beschuldigung bewusst und kann dies auch in einem vertraulich Rahmen, so etwa bei einem Psychotherapeuten einräumen..
30.07.2010 18:24 Uhr
Polizisten vor dem Richter
Journalisten fälschlich der Straftat bezichtigt?
Pöbelnde Polizisten in Hamburg, jetzt lügende Polizisten in Göttingen? Wegen falscher Verdächtigung müssen sich demnächst drei Polizeibeamte der Inspektion Hannover vor dem Amtsgericht Göttingen verantworten.
Die 48, 35 und 34 Jahre alten Beamten sollen einen freien Journalisten aus Kassel bezichtigt haben, sie angegriffen und einen der Polizisten verletzt zu haben. Inzwischen beweist ein später aufgetauchter Videofilm, dass das eine Falschbezichtigung war.
Der Vorfall ereignete sich am 29. Oktober 2005 am Rande der gewaltsamen Demonstration gegen einen Aufmarsch der NPD in Göttingen. Damals brannten Barrikaden, und die Ordnungskräfte waren vorübergehend in die Defensive gedrängt. Der freie Journalist hatte nach dem Aufmarsch beobachtet, wie Polizeibeamte einen Demonstranten verfolgten. Einer habe dem schwergewichtigen jungen Mann einen Faustschlag an den Hals gegeben und ihn zu Boden geworfen, schildert er. Dann soll, so die ursprüngliche Anklage, der Journalist gewaltsam dazwischen gegangen und sich bei seiner anschließenden Festnahme widersetzt haben.
Die Anklage warf ihm Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Grundlage waren die übereinstimmenden Aussagen der drei Hannoveraner. Doch das Amtsgericht stellte das Verfahren ohne Hauptverhandlung ein. Die Handlungen des Angeklagten, selbst wenn er sie begangen hätte, seien nicht von solcher Intensität, dass sie als Widerstand zu werten sind, meinte der Richter. Das Landgericht bestätigte diese Sicht, nachdem die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt hatte.
Der Fall wäre vergessen, hätte das Innenministerium nun nicht versucht, Schadensersatz einzuklagen. Einen Monat nach Einstellung der strafrechtlichen Verfahren verklagte das Land den Ersatz von Arztkosten. Einer der Polizisten hatte sich – angeblich in Folge des Widerstands – krank gemeldet. Die Fingerverletzung, die er sich attestieren ließ, hatte er freilich erst einen Monat nach dem Vorfall beim Hausarzt vorgestellt.
Schon deshalb ging der Zivilprozess zu Gunsten des Journalisten aus. Die Beamten wollte die Zivilrichterin gar nicht erst als Zeugen hören, weil Gefahr bestand, dass diese sich selbst noch weiter reinreiten. Denn inzwischen war ein Video eines Filmjournalisten aufgetaucht, das genau die Szene des angeblichen Widerstandes zeigt. Klar zu erkennen sei darauf, dass der Journalist einem der Beamten lediglich auf die Schulter getippt und ihn mutmaßlich um Mäßigung im Umgang mit dem am Boden liegenden Festgenommenen gebeten habe. „Denn ich hatte gerade einen Fall recherchiert“, sagt der Zeitungsmann, „in dem jemand bei der Festnahme zu Tode gekommen war.“ Der Film wird am 10. August im Gericht wichtiges Beweismittel gegen die Polizisten sein.
[Jürgen Gückel ]
http://www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Goettingen/Uebersicht/Journalisten-faelschlich-der-Straftat-bezichtigt
3. falsche Beschuldigung aufgrund von Vorurteilen
Klassisches Beispiel hierfür z.B. die Jahrhunderte lange Verdächtigung von Juden, Brunnenvergifter zu sein.
Hier mischten und mischen sich oft Vorurteile mit handfesten materiellen oder anderen eigennützigen Interessen.
Stichwort: Nationalsozialismus und Adolf Hitler.
Verantwortlich für das Übel in der Welt wäre das Weltjudentum und ähnliche Vorträge.
siehe hierzu:
Wilhelm Reich: Die Massenpsychologie des Faschismus; Kiepenheuer & Witsch 1986 (Originalausgabe 1933)
4. Falsche Beschuldigung zum Zwecke der Schädigung einer anderen Person bei gleichzeitiger Bewusstheit über die falsche Beschuldigung durch den Beschuldiger oder die Beschuldigerin
Wäre in Deutschland das Verzehren von Schweinefleisch strafbar, so hätten wir jede Menge Strafanzeigen vorliegen, in denen eine andere Person des illegalen Verzehrs von Schweinefleisch bezichtigt wird, obwohl dies tatsächlich nicht geschehen ist.
5. falsche Beschuldigung in der subjektiv erzeugten Konstruktion einer Wirklichkeit zum Zweck der Stabilisierung des als bedroht empfundenen Selbst
Diese Form der Falschbeschuldigung geschieht im Bereich des sozialen Nahraums, bzw. im Bereich einer als sozial nah erlebten Situation mit einer fremden Person.
Diese Form der Falschbeschuldigung ist wahrscheinlich eine überwiegend von Frauen ausgeübte Straftat. Dies kann psychologisch begründet werden.
Zugrunde liegt dieser Form von falscher Beschuldigung eine als schwer erlebte Kränkung der beschuldigenden Person durch den oder die Beschuldigte. Aus dieser Perspektive heraus kann man auch den Fall Kachelmann verstehen. Kachelmann als Casanova verstanden löst naturgemäß bei vielen Frauen, mit denen er intime Kontakte hatte, Kränkungen aus. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis er eine solche Frau erwischt, die den Part des Racheengel übernimmt.
Das Motiv der Kränkung finden wir schon im Märchen der Brüder Grimm "Dornröschen".
Nach langem Warten wird einem König endlich eine Tochter geboren. Aus Freude darüber lädt er seine Untertanen zu einem Fest, darunter auch zwölf weise Frauen (Feen). Die dreizehnte, die aus Mangel an Geschirr nicht zur Taufe der neugeborenen Königstochter eingeladen worden war, belegt das Mädchen mit einem Fluch, dass es sich an seinem sechzehnten Geburtstag an einer Spindel stechen und daran sterben solle.
Literatur:
H. Stoffels; C. Ernst: "Erinnerung und Pseudoerinnerung. Über die Sehnsucht, Traumaopfer zu sein.", In: "Nervenarzt", 2002, Heft 5, S. 445-451
Bärbel Wardetzki: "Weiblicher Narzissmus. Der Hunger nach Anerkennung"; Kösel 2001